SpotLight #16  |  06.11.2020
Für viele Menschen geht es in den nächsten Tagen und Wochen wohl (wieder) ins Home Office. Zumindest hat die Bundesregierung am Mittwoch die Firmen aufgerufen, soviel Menschen wie möglich Home Office zu ermöglichen. Manche können es wohl gar nicht erwarten aber nach dem Shutdown im Frühjahr wissen viele, dass das Leben und Arbeiten im Home Office auch ganz schön anstrengend sein kann.

Hier einmal einige persönliche Tipps aus mehr als 15 Jahren Home Office-Erfahrung.

Sie sind der Boss

Lassen Sie keine Schlendrian aufkommen. Weil niemand überwacht, wann Sie tatsächlich mit der Arbeit anfangen, ist natürlich die Versuchung groß, es mit dem Arbeitsbeginn nicht so genau zu nehmen. Und ist nicht einer der Vorteile, selbst zu bestimmen, wann und wo man mit der Arbeit beginnt? Warum sollte man die neuen Freiheiten nicht nutzen?

Eine solche Freiheit funktioniert aber nur mit einer großen Menge an Selbstdisziplin. “Ich geh heute morgen mal shoppen und die Arbeit erledige ich am Nachmittag.” Respekt, wenn’s funktioniert!

Es spricht ja auch nichts dagegen, die neu gewonnene Flexibilität zu nutzen oder sich auch einmal mit einem früheren Feierabend oder gar einem spontanen freien Tag zu belohnen - wenn man seine Arbeit erledigt oder einen wichtigen Milestone erreicht hat!

Der Arbeitstag fängt nicht erst an, wenn man am Schreibtisch sitzt

Wenn man ins Büro fährt, beginnt der Arbeitstag mit einer morgentlichen Routine, inklusive Fahrt zur Arbeit. Letztere fällt im Home Office natürlich weg, (man kann sie ja durch Kaffeekochen ersetzen) aber den Routine-Rest sollte man möglichst beibehalten. Der Gang ins Home Office ist der Gang zur Arbeit. Und ist man dort angekommen beginnt ganz konsequent die Arbeitszeit.

Zur morgentlichen Routine gehört normalerweise auch, dass man sich businessmäßig anzieht. Behalten Sie dies unbedingt auch allein für sich im Home Office bei. Einerseits erspart es Ihnen mögliche Peinlichkeiten bei Videokonferenzen und andererseits signalisieren Sie sich selbst damit: “Nix Freizeit, jetzt ist Maloche!”

Immer zur gleichen Zeit

Täglich zur gleichen Zeit anzufangen zu arbeiten erleichtert es einem eine Routine zu entwickeln und auch an “schlechten Tagen” in die Spur zu kommen. Aber man muss die Beschreibung “feste Arbeitszeiten” nicht so verstehen, dass man an den gleichen Zeiten arbeiten muss, wie die meisten Büroarbeiter es tun. Nicht “8 bis 16” oder “nine to five”. Für Menschen, denen es schon immer schwer fiel früh morgens fit und konzentriert zu sein, ist das Home Office eine echte Chance einmal auszuprobieren, wie es läuft, wenn man vielleicht von 10 bis 18 oder gar 12 bis 20 Uhr arbeitet? Schließlich sollen zwei Drittel (!) der Menschen eher dem Typ “Eule” angehören aber im Präsenzbüro läuft es meist, wie es das “Lerchen”-Drittel will. Sie können auch um 4 Uhr anfangen und sind um 12 Uhr durch. Sie sind der Boss!

“Jetzt mach mal Pause!”

Im Büro erinnern einen die Kollegen daran, wann es Zeit für die Mittagspause ist. Im Home Office? Niemand. Auch das hat Vor- und Nachteile. Ist man gerade in einem richtigen Flow und die Ideen sprudeln nur so aus einem heraus, sind störende Kollegen manchmal absolut kontraproduktiv. Eine Mittagspause würde einen jetzt wahrscheinlich so richtig aus dem Konzept bringen. Dann ist es okay, auch einmal auf eine Pause zu verzichten, bzw. sie nach hinten zu schieben.

Regelmäßig auf eine Mittagspause zu verzichten und stattdessen nebenbei ein paar Snacks einzuwerfen, ist kein Ersatz für eine echte Pause. Das ruiniert auf die Dauer nicht nur Ihre Figur und Gesundheit sondern ist auch kontraproduktiv für Ihre Arbeit. Ist man nicht gerade extrem kreativ, dann sollte man sich an seine (vorher festgelegten) Pausenzeiten auch halten. Man muss sich da keinen Wecker stellen und alles stehn und liegen lassen, um aus dem Zimmer zu hechten. Beenden Sie die Arbeit, bzw. den Arbeitsschritt an dem Sie gerade arbeiten und gehen dann. Das geht gut, wenn man zum Beispiel eine Zeitspanne von 12 bis 13 Uhr für die 30 Minuten Pause einplant. So ist man zeitlich flexibel aber auch gebunden.

Pause heißt dann aber auch Pause! Lassen Sie das Handy im Büro und kommen Sie bitte auch nicht auf die Idee Hausarbeiten zu erledigen. Auch wenn Bügeln für manche Menschen echt entspannend sein soll. :-) Kochen ist auch so eine Sache. Natürlich ist es gut, frisch und gesund zu essen aber würden Sie im Büro kochen? Meine Empfehlung sind hier ein schneller Salat oder auch etwas vom Vortag, was man schnell aufwärmen kann. Manche Heimarbeiter schaffen es sogar sich einen Menüplan für die ganze Woche zurechtzulegen! Andere schmieren sich eine Stulle und essen diese in der Mittagspause auf der eigenen Terrasse.

Bewegen Sie sich

Die Bewegung auf dem Arbeitsweg fällt flach. Während der Home Office-Zeit selbst haben Sie, im Gegensatz zum Büro, wahrscheinlich auch deutlich weniger Bewegung. Nichts und niemand reißt Sie aus Ihrer Arbeitsstarre. Sie gehen nirgendwo hin und niemand kommt zu Ihnen. Ihr Körper ist die ganze Zeit voll auf den Bildschirm ausgerichtet oder schlimmer noch, übers Notebook gebeugt. Gerade, wenn man nicht regelmäßig im Home Office arbeitet oder das Home Office noch neu ist, hat man oft nicht die besten Arbeitsbedingungen. Das Laptop auf dem Küchentisch oder der eine, kleine Monitor auf dem noch kleineren Bürotisch. Manche arbeiten anfangs von der Couch aus oder versuchen es gar aus dem Bett heraus - länger als eine Woche halten Sie das garantiert nicht aus!

Schlechtes Sitzen und/oder mangelnde Bewegung verursachen Schmerzen. Schmerzen sind schlecht für die Ausdauer und Konzentration und pures Gift für die Motivation. Was, glauben Sie, passiert, wenn Sie sich nach einer Woche morgens nur noch mit Rückenschmerzen aus dem Bett quälen können?

Ein vernünftiger Arbeitsplatz ist das A und O im Home Office! Investieren Sie in einen bequemen Bürostuhl, einen ausreichend großen Schreibtisch und einen ausreichend großen Monitor, am besten gleich in zwei! Packen Sie diese in einen eigenes Arbeitszimmer oder richten Sie sich eine möglichst abgeschirmte Ecke in der Wohnung dafür ein - mobile Raumtrenner sind in kleinen Wohnungen eine gute Lösung.

Richten Sie sich aber Ihre Arbeitsecke unbedingt an einem Fenster ein. Lüften ist nicht nur in Corona-Zeiten eine gute Idee für ein gutes Arbeitsklima. Auch wenn Sie allein im Zimmer sind: Ein frischer Windhauch weckt Kreativität und Lebensgeister.

Bleiben Sie in (persönlichem) Kontakt!

Emails schreiben kostet Zeit und es kann (mangels sofortiger Rückfragemöglichkeit) schnell zu Missverständnissen führen, die man mit weiteren zeitfressenden Emails ausräumen muss oder dazu führen, dass Arbeiten nicht so erledigt werden, wie Sie es eigentlich wollen, was zu weiteren, vermeidbaren Verzögerungen führt. Klären Sie auch aus dem Home Office wichtige Dinge immer im direkten Kontakt (Telefon, Skype, Zoom, etc.) Das hilft gegen Lagerkoller und Missverständnisse gleichermaßen.

Deshalb ist es auch für Einzelkämpfer empfehlenswert sich ein kleines Team aufzubauen, mit dem man regelmäßig im persönlichen Kontakt ist. Das können Dienstleister wie Grafiker, Programmierer, Texter oder Social-Media-Manager sein aber auch nette “Kollegen”, die in der gleichen Branche arbeiten. So bekommt man meist gratis eine etwas andere Sicht auf das eigene Business, kann sich austauschen, erhält Informationen, die einem bei der ganzen Arbeit vielleicht entgangen sind - und im Notfall vielleicht auch einmal schnelle emotionale Hilfe. So ganz allein können die wenigsten Menschen über eine längere Zeit leben (und arbeiten)!

Kind und Kegel-Regeln

Die Kinder kommen freudig erregt nach Hause und können nicht wissen, dass man gerade ein wichtiges Telefonat führt oder spontan ein Video aufnimmt. Die Mutter ruft neuerdings regelmäßig tagsüber an, weil sie nicht wirklich versteht, was Home Office bedeutet und der Partner glaubt, dass Essen steht auf dem Tisch, wenn er nach Hause kommt. Auch so mancher andere Mitbewohner, Nachbar oder Bekannte versteht unter “Ich mach jetzt Home Office” so etwas wie “Ich bin jetzt jederzeit erreichbar!” Seien Sie hier von Anfang an konsequent und lassen Sie es erst gar nicht zu, dass jemand Ihr Home Office als “sturmfreie Bude” oder “Paket-Abgabestation” interpretiert. (Paketboten kriegen schnell heraus, welcher Hausbewohner immer zu Hause ist!)

Erwarten Sie während Ihrer Arbeitszeit keinen Besuch, dann öffnen Sie auch nicht, wenn es klingelt. Sie sind auf Arbeit! Vergeben Sie am Telefon verschiedene Klingeltöne für “Business” und “Privat” - und ignorieren Sie letzte konsequent. Vereinbaren Sie mit ihren Mitbewohnern klare Regeln: “Ist das Schild “Bitte nicht stören” an der Tür, dann stört auch nicht!” Gerade Kinder halten sich eher an diese Regel, wenn sie wissen, dass Mama oder Papa z.B. ab 16 Uhr dann Zeit nur für sie haben und jede Störung diese Zeit nach hinten schieben kann.

Jetzt ist aber Feierabend!

Kinder (und auch Partner) kommen besser mit den Einschränkungen (“Stör mich bitte nicht!”, “Sei bitte leise!”, “Hab noch ein wenig Geduld!”) durch das Home Office zurecht, wenn sie wissen, dass Ganze hat auch ein festes Ende. Versuchen Sie es dagegen, die Familie um die Arbeit oder die Arbeit um die Familie herum zu organisieren, leiden immer beide darunter. Geben Sie jedem seine Zeit, können Sie auch jedem ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit geben.

Feierabend heißt: Rechner runterfahren und Handy aus! Ich kenne das aus eigener Erfahrung: Wenn man arbeiten kann, wann man will, will man oft auch mehr arbeiten, als man sollte. Da wird aus einem 8-Stunden- schnell mal ein 16-Stunden-Tag. Oder eine 80-Stunden-Woche. Man kann sich einfach nicht dazu zwingen aufzuhören. Gibt es einen wichtigen Abgabetermin oder steht man kurz vor einem Launch oder einer Präsentation dann kann man schon mal an seine Grenzen gehen (müssen). Auf die Dauer leiden hier aber Arbeit, Privatleben und Gesundheit. Was Sie an einem Abend müde in drei Stunden abwickeln, erledigen Sie am nächsten Morgen frisch und ausgeruht in 30 Minuten schneller und auch besser. ?


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